Wertaufstockung bei Einbringung eines Mitunternehmeranteils mit negativem Kapitalkonto

BFH v. 13.9.2018 – I R 19/16

Die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwStG 2006 sind sowohl für jeden Gesellschafter als auch für jeden einzelnen Sacheinlagegegenstand gesondert zu prüfen. Dies gilt auch bei Einbringung mehrerer Mitunternehmeranteile mit positiven und negativen Kapitalkonten.

Der Sachverhalt:
Die Kläger waren Gesellschafter der im Dezember 2001 errichteten A-GbR sowie der B-GbR. Zweck dieser Gesellschaften war die Fortführung der Unternehmen C einerseits und D andererseits, die die Kläger von ihrem Vater erworben hatten.

Mit Gesellschaftsvertrag vom 20.5.2010 errichteten die Kläger die E-GmbH (Beigeladene). An deren Stammkapital (25.000 €) sind die Kläger jeweils zur Hälfte beteiligt. Die Stammeinlagen sollten im Wege der Sacheinlage der von den Klägern „als Gesellschafter der GbR unter den Firmen

  1. (F-GbR)
  2. (G-GbR)

zu gleichen Anteilen betriebenen Unternehmen mit allen Aktiva und Passiva“ aufgebracht werden. Steuerrechtlich sollte die Einbringung zu Buchwerten auf den 1.1.2010 zurückbezogen werden. In ihrer Bilanz auf den 31.12.2009 wies die A-GbR ein negatives Kapital und unter dem Konto 1461 („Verr.Kto. Organgesellschaft“) als sonstige Verbindlichkeiten aus. Das Kapital der B-GbR war zum 31.12.2009 positiv (Konto 1461 „Verr.Kto. Organträger“).

Nach Ansicht der Kläger war das negative Kapitalkonto der A-GbR mit dem positiven Kapitalkonto der B-GbR zu saldieren. Das Finanzamt vertrat hingegen die Auffassung, dass eine Saldierung ausgeschlossen und die Buchwerte der eingebrachten Wirtschaftsgüter der A-GbR auf 0 € aufzustocken seien. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Kläger hob der BFH das Urteil hinsichtlich des Körperschaftsteuerbescheids 2010 auf und wies die Sache insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

Gründe:
Die Klage gegen den die Beigeladene betreffenden Körperschaftsteuerbescheid 2010 ist als Drittanfechtungsklage der Kläger zulässig und begründet.

Im Streitfall waren die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwStG 2006 hinsichtlich der beiden in die GmbH eingebrachten Mitunternehmeranteile der Steuerpflichtigen an der A-GbR erfüllt. Umstritten und bislang höchstrichterlich noch nicht entschieden ist jedoch, dass diese Voraussetzungen für jeden Gesellschafter gesondert zu prüfen sind. Umstritten ist ferner, ob auch bei Einbringung mehrerer Sacheinlagegegenstände durch dieselbe Person die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwStG 2006 für jeden Sacheinlagegegenstand gesondert zu prüfen sind oder ob insoweit eine Gesamtbetrachtung bzw. Saldierung erfolgen kann.

Die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwStG 2006 sind sowohl für die beiden Kläger (einbringende Gesellschafter) als auch für die insgesamt vier eingebrachten Mitunternehmeranteile gesondert zu prüfen. Denn eine Gesamtbetrachtung bzw. Saldierung der jeweils eingebrachten Mitunternehmeranteile ist nicht im Gesetzeswortlaut angelegt. Die Regelung des § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwStG 2006 bezieht sich auf das „eingebrachte Betriebsvermögen“ sowie auf das „übernommene Betriebsvermögen“. Eingebrachtes Betriebsvermögen ist nach § 20 Abs. 1 UmwStG 2006 „ein Betrieb oder Teilbetrieb oder ein Mitunternehmeranteil“.

Der Wortlaut der Vorschrift beschränkt somit die Prüfung der Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwStG 2006 auf den einzelnen – konkreten – Sacheinlagegegenstand (im Streitfall: „ein Mitunternehmeranteil“). Auf die Person des Einbringenden kommt es insoweit nicht an. Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut sind die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwStG 2006 für jeden einzelnen Sacheinlagegegenstand und im Streitfall somit für jeden einzelnen der insgesamt vier eingebrachten Mitunternehmeranteile eigenständig zu würdigen.

Im Streitfall waren die Feststellungen des FG jedoch unzureichend, um entscheiden zu können, ob die negativen Kapitalkonten der Gesellschafter der A-GbR um den Bestand des Kontos 1461 („Verr.Kto. Organgesellschaft“) zu mindern sind. Dies wäre der Fall, wenn es sich bei diesem Konto um ein Unterkonto zum Kapitalkonto handeln würde und nicht um eine betrieblich veranlasste Verbindlichkeit gegenüber der B-GbR. Da im Streitfall die Kläger an beiden Gesellschaften jeweils hälftig beteiligt waren, kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass die Darlehenshingaben ausschließlich der Finanzierung der unternehmerischen Aktivitäten der A-GbR dienten und ihre Ursache damit in der wirtschaftlichen Betätigung der Steuerpflichtigen und der Beteiligung an beiden Gesellschaften hatten.

Quelle: BFH online