FG Münster v. 17.9.2018 – 13 K 2082/15 K,G
Eine Rücklage nach § 6b EStG geht auch dann auf den Rechtsnachfolger über, wenn die Verschmelzung exakt vier Jahre nach Rücklagenbildung stattfindet. Eine zeitliche Reihenfolge ist auch nicht dem Umstand zu entnehmen, dass die Steuerbilanz die technische Grundlage für die Umwandlungsbilanz darstellt.
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist Gesamtrechtsnachfolgerin der B-GmbH, deren Unternehmensgegenstand im Handel mit Immobilien und in der Verwaltung von Immobilien bestand. Die B-GmbH war Organgesellschaft einer anderen GmbH, die zum Bilanzstichtag 30.6.2007 einen Gewinn aus der Veräußerung eines Grundstücks in eine § 6b-Rücklage eingestellt hatte. Im Juni 2011 veräußerte die Klägerin an eine KG, deren alleinige Kommanditistin sie war, ein Grundstück.
Im folgenden Wirtschaftsjahr wurde die Mutter-GmbH auf die Klägerin zum Stichtag 1.7.2011 verschmolzen. In ihrer letzten Bilanz zum 30.6.2011 löste die Mutter die Rücklage nur teilweise gewinnerhöhend auf. Im Übrigen ging sie davon aus, dass die Rücklage auf die Klägerin übergegangen sei und diese sie auf die KG zur Übertragung auf die Anschaffungskosten für das Grundstück übertragen könne.
Das Finanzamt löste die Rücklage demgegenüber in vollem Umfang in der Steuerbilanz zum 30.6.2011 bei der Mutter-GmbH gewinnerhöhend auf und nahm zusätzlich einen Gewinnzuschlag von 24 % vor. Da die Umwandlungsbilanz erst nach der Steuerbilanz aufzustellen sei, könne die Rücklage in der Umwandlungsbilanz nicht mehr ausgewiesen werden. Die Verschmelzung führe nicht dazu, dass die Rücklage wieder auflebe.
Das FG gab der hiergegen von der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der Mutter-GmbH erhobenen Klage in vollem Umfang statt. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zugelassen. Das Verfahren ist beim BFH unter dem Az.: XI R 39/18 anhängig.
Die Gründe:
Das Finanzamt hat die bei der B-GmbH zum 30.6.2011 noch bestehende § 6b-Rücklage zu Unrecht gewinnerhöhend aufgelöst und ebenfalls zu Unrecht einen Gewinnzuschlag nach § 6b Abs. 7 EStG in Ansatz gebracht.
Die Rücklage durfte bei der Mutter nicht gewinnerhöhend aufgelöst werden, weil sie mit Ablauf des 30.6.2011 dort nicht mehr bestanden hatte, sondern auf die Klägerin übergegangen war. Für die Auffassung des Finanzamtes, dass der Vermögensübergang auf die Klägerin aufgrund der Verschmelzung erst eine logische Sekunde nach Ablauf des Wirtschaftsjahres der Mutter erfolgt sei, bestand keine Rechtsgrundlage.
Eine zeitliche Reihenfolge ist auch nicht dem Umstand zu entnehmen, dass die Steuerbilanz die technische Grundlage für die Umwandlungsbilanz darstellt. Vielmehr widerspricht die Versagung der Übertragung der Rücklage der gesetzlichen Wertung, weil anderenfalls der Reinvestitionszeitraum von 48 Monaten verkürzt wird.
Zur Frage, ob die Klägerin die Rücklage ihrerseits auf die KG übertragen kann, musste der Senat keine Stellungnahme abgeben. Diese Frage ist vielmehr im Rahmen des Feststellungsbescheids für die KG zu entscheiden.
Quelle: FG Münster Pressemitteilung v. 15.2.2019