FG Münster v. 13.12.2018 – 3 K 577/18 Kg
Ein nach Abschluss der Ausbildung zum Sozialversicherungsfachangestellten aufgenommener AOK-interne Studiengang zum AOK-Betriebswirt ist nicht mehr Teil einer einheitlichen mehraktigen Berufsausbildung, weil er nicht staatlich anerkannt und ohne die Beteiligung staatlicher Stellen konzipiert worden ist. Bei einer mehraktigen Berufsausbildung ist es erforderlich, dass der zweite Abschnitt nach Abschluss einer öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildung ebenfalls im Rahmen eines öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsganges stattfindet.
Der Sachverhalt:
Der volljährige Sohn der Klägerin bestand im Juni 2013 die Prüfung zum Sozialversicherungsfachangestellten. Im Monat darauf absolvierte er erfolgreich ein Potenzialanalyseverfahren der AOK. Im Oktober 2014 nahm er daraufhin eine Vollzeitbeschäftigung bei der AOK und daneben den betriebsinternen Studiengang zum AOK-Betriebswirt auf. Nach den Zulassungsrichtlinien kann hiermit frühestens ein Jahr nach der Prüfung zum Sozialversicherungsfachangestellten begonnen werden. Der Studiengang ist staatlich nicht anerkannt, eine Anrechnung kann auch nicht im Rahmen anderer staatlich anerkannter Studiengänge erfolgen.
Die Familienkasse lehnte den Kindergeldantrag der Klägerin ab Oktober 2014 ab, weil der Sohn bereits eine Ausbildung abgeschlossen habe. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage. Bereits das zeitnah durchgeführte Potenzialanalyseverfahren sei als Teil des Studiums anzusehen; daher bestehe ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen den Ausbildungsabschnitten.
Das FG wies die Klage ab. Die Revision zum BFH wurde zur Fortbildung des Rechts zugelassen.
Die Gründe:
Die Familienkasse hat die Bewilligung von Kindergeld zu Recht abgelehnt.
Ein Kindergeldanspruch besteht nicht, weil der Sohn der Klägerin einer Vollzeiterwerbstätigkeit nachgegangen ist und eine erstmalige Berufsausbildung abgeschlossen hat. Der AOK-interne Studiengang zum AOK-Betriebswirt ist bereits deshalb nicht Teil einer mehraktigen erstmaligen Berufsausbildung, weil er nicht staatlich anerkannt und ohne die Beteiligung staatlicher Stellen konzipiert worden ist. Bei einer mehraktigen Berufsausbildung ist es erforderlich, dass der zweite Abschnitt nach Abschluss einer öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildung ebenfalls im Rahmen eines öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsganges stattfindet.
Da die Leistungsnachweise auch nicht in staatlich anerkannten Studiengängen angerechnet werden können, konnte vorliegend offen bleiben, ob im Falle einer solchen Anrechnungsmöglichkeit auch interne Fortbildungen Teil einer mehraktigen erstmaligen Berufsausbildung sein können. Ebenfalls dahinstehen konnte, ob der enge zeitliche Zusammenhang daran scheitert, dass der Studiengang erst ein Jahr nach Abschluss der Ausbildung zum Sozialversicherungsfachangestellten begonnen werden kann.
Quelle: FG Münster NL vom 15.2.2019