FG Münster v. 28.2.2019 – 3 K 2547/18
Der (im Regelfall günstigere) Abgeltungssteuersatz von 25 % ist auch dann auf Kapitalerträge anzuwenden, wenn die Gläubiger ihre Gesellschaftsanteile an der Schuldnerin auf eine Familienstiftung übertragen haben. Der (im Regelfall günstigere) Abgeltungssteuersatz von 25 % ist auch dann auf Kapitalerträge anzuwenden, wenn die Gläubiger ihre Gesellschaftsanteile an der Schuldnerin auf eine Familienstiftung übertragen haben.
Der Sachverhalt:
Die Kläger sind Eheleute, die zunächst die alleinigen Kommanditisten einer GmbH & Co. KG waren. Sie übertrugen ihre Gesellschaftsanteile an eine von ihnen errichtete Familienstiftung, blieben aber Geschäftsführer der Komplementär-GmbH. Zugleich bildeten sie neben einer dritten Person den Vorstand der Stiftung. Die Darlehenskonten der bisherigen Gesellschafter wurden als sonstige Verbindlichkeiten gegenüber den Klägern fortgeführt und zu fremdüblichen Bedingungen verzinst.
Das Finanzamt unterwarf die von der KG an die Kläger im Streitjahr 2016 gezahlten Zinsen i.H.v. rd. 330.000 € dem persönlichen Einkommensteuersatz der Kläger, weil sie der KG nahestehende Personen seien. Demgegenüber vertraten die Kläger die Auffassung, dass nach dem zivilrechtlichen Grundkonstrukt einer Stiftung ein Beherrschungsverhältnis ausscheide.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision zum BFH wurde zur Fortbildung des Rechts zugelassen.
Die Gründe:
Die als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu qualifizierenden Zinsen sind mit dem Abgeltungssteuersatz von 25 % zu versteuern. Die Regelung, wonach der Regelsteuersatz Anwendung findet, wenn Gläubiger und Schuldner nahestehende Personen sind (§ 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) EStG) greift nicht ein.
Die Voraussetzungen des § 32d Abs. 1 EStG liegen vor. Die von den Klägern im Privatvermögen vereinnahmten Zinsen sind Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG und fallen nicht unter § 20 Abs. 8 EStG. Die Anwendung des § 32d Abs. 1 EStG ist auch nicht nach § 32d Abs. 2 EStG ausgeschlossen. Insbesondere sind die Voraussetzungen des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG nicht erfüllt. Nach dieser Vorschrift findet § 32d Abs. 1 EStG für Kapitalerträge i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 4 und 7 sowie Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und 7 EStG keine Anwendung, wenn Gläubiger und Schuldner einander nahe stehende Personen sind, soweit die den Kapitalerträgen entsprechenden Aufwendungen beim Schuldner Betriebsausgaben oder Werbungskosten im Zusammenhang mit Einkünften sind, die der inländischen Besteuerung unterliegen und § 20 Absatz 9 Satz 1 zweiter Halbsatz keine Anwendung findet.
Ein Näheverhältnis zu einer Kapitalgesellschaft ist zu bejahen, wenn der Gläubiger der Kapitalerträge eine Beteiligung innehat, die es ihm ermöglicht, seinen Willen in der Gesellschafterversammlung der Kapitalgesellschaft durchzusetzen. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn er aufgrund seiner Beteiligung über die Mehrheit der Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung verfügt. Darüber hinaus hält es der BFH nicht für ausgeschlossen, dass aufgrund einer faktischen Beherrschung ein Näheverhältnis zu bejahen sein kann (BFH v. 20.10.2016 – VIII R 27/15). Nach diesen Grundsätzen sind die Kläger und die O GmbH & Co. KG keine einander nahe stehenden Personen.
Denn die Kläger haben die GmbH & Co. KG nach Übertragung der Anteile auf die Familienstiftung nicht mehr unmittelbar beherrscht. Auch eine mittelbare Beherrschung scheidet aus, da weder der Kläger noch die Klägerin aufgrund ihrer Mitgliedschaft im Stiftungsvorstand eigenständig in der Lage waren, Beschlüsse herbeizuführen. Dabei ist es unerheblich, dass den Klägern als Eheleuten gemeinschaftlich die Stimmrechtsmehrheit zusteht, da ein Näheverhältnis nicht allein aufgrund einer familienrechtlichen Verbindung angenommen werden kann.
Quelle: FG Münster NL vom 15.5.2019