FG Berlin-Brandenburg 28.12.2018, 7 V 7195/18
Für die Anwendung des § 3a Abs. 2 UStG muss zur Überzeugung des Gerichts feststehen, dass es sich beim Leistungsempfänger um ein i.S.d, Art. 44 MwStSystRL in einem anderen Mitgliedstaat ansässiges Unternehmen handelt. Dabei kommt es u.a. darauf an, wo der Leistungsempfänger die Handlungen zur zentralen Verwaltung des Unternehmens vornimmt, wo die wesentlichen Entscheidungen zur allgemeinen Leitung des Unternehmens getroffen werden, wo der Ort seines Sitzes, ist, nicht jedoch wie die Postanschrift lautet.
Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin bietet u.a. Dienstleistungen im Bereich Internetmarketing sowie Handel und Vermittlung von Waren und Dienstleistungen (mit Ausnahme erlaubnispflichtiger) und alle damit zusammenhängenden Tätigkeiten an. Sie versteuert ihre Umsätze nach vereinbarten Entgelten. Im Juli 2016 hatte die Antragstellerin einer Frau B per E-Mail ein Angebot für ein sog. SEO Komplettpaket, das u.a. eine „Keyword Recherche für die Suchmaschine Google.de zur Ermittlung der für Ihre Website am besten geeigneten Keywords zur SEO Optimierung“ umfasste. Das Nettoentgelt sollte 1.397 € zzgl. Mehrwertsteuer betragen.
Im September 2016 unterbreitete sie einer C-S.L. in Spanien ein gleiches Angebot, wobei auch insoweit in der Anrede Frau B angesprochen, die gleiche Steuernummer erwähnt und von der Steuerpflicht des Leistungsempfängers ausgegangen wurde, so dass das Nettoentgelt dem Bruttoentgelt entsprach. Eine gleichlautende Umsatzsteuer-Identifikationsnummer war ungültig. Im Januar 2017 erteilte die Antragstellerin der C-S.L. nach Abzug einer Anzahlung eine Rechnung über 1.117 €, die diese im Februar 2017 durch Überweisung von einem spanischen Konto beglich. Mitte 2017 betrieb die C-S.L. eine deutschsprachige Website, in deren Impressum keine Anschrift und als einzige Kontaktmöglichkeit eine E-Mail-Adresse angegeben war, ferner die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (ohne vorangestellte Nationalitätenkennung).
Im Juni 2017 erteilte die Antragstellerin der F-Limited und der H-Limited jeweils unter Anschrift in Großbritannien Rechnungen über ein „4B-Onlinemarketing-System Coaching Programm“ für 12.000 € ohne Mehrwertsteuer. Das Geld vereinnahmte sie in bar. Für die F-Limited war vom 7.12.2016 bis 3.11.2017 eine Zweigniederlassung in einem deutschen Handelsregister eingetragen. Allein- oder Mehrheitsanteilseignerin der H-Limited war die in Deutschland ansässige deutsche Staatsangehörige L.
Die Antragstellerin behandelte die Umsätze in ihren Umsatzsteuer-Voranmeldungen als nicht steuerbar und meldete sie gem. § 18a Abs. 2 UStG an das Bundeszentralamt für Steuern. Dieses wies die Antragstellerin darauf hin, dass die von ihr angegebenen Umsatzsteuer-Identifikationsnummern für die C-S.L. und die F-Limited unrichtig seien und korrigiert werden müssten. Nachdem die Antragstellerin dem nicht nachgekommen war, gelangte das Finanzamt zu der Ansicht, dass die Leistungen mangels Angabe gültiger Umsatzsteuer-Identifikationsnummern in Deutschland steuerbar seien.
Das FG wies den Antrag auf Aufhebung der Vollziehung zurück.
Die Gründe:
Es bestehen keine ernstlichen Zweifel i.S.d. § 69 Abs. 3 FGO daran, dass das Finanzamt die streitigen Umsätze zu Recht als im Inland steuerpflichtig angesehen hat.
Es ist zwar zweifelhaft, dass die Anwendung des § 3a Abs. 2 UStG zwingend die Verwendung einer ausländischen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer durch den Leistungsempfänger voraussetzt. Näherliegend ist, dass die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer nur Bedeutung für den Vertrauensschutz hat. Jedoch muss für die Anwendung des § 3a Abs. 2 UStG zur Überzeugung des Gerichts feststehen, dass es sich beim Leistungsempfänger um ein i.S.d, Art. 44 MwStSystRL in einem anderen Mitgliedstaat ansässiges Unternehmen handelte. Dabei kommt es nach Art. 10 MwStVO darauf an, wo der Leistungsempfänger die Handlungen zur zentralen Verwaltung des Unternehmens vornimmt, wo die wesentlichen Entscheidungen zur allgemeinen Leitung des Unternehmens getroffen werden, wo der Ort seines satzungsmäßigen Sitzes und der Ort, an dem die Unternehmensleitung zusammenkommt, ist, nicht jedoch wie die Postanschrift lautet.
Davon ausgehend gilt: Die Antragstellerin hat nichts dafür vorgetragen und glaubhaft gemacht, dass ihre Auftraggeber für die streitbefangenen Umsätze im Leistungszeitpunkt bzw. im Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts über gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummern verfügten. Soweit die Antragstellerin im Verwaltungsverfahren eine mündliche Bestätigung behauptete, ist dieser Vortrag unsubstantiiert geblieben, nicht glaubhaft gemacht und im gerichtlichen Verfahren nicht wiederholt worden. Etwaige Angaben außerhalb des Bestätigungsverfahrens gem. § 18e UStG sind unerheblich.
Quelle: Rechtsprechungsdatenbank Berlin-Brandenburg