FG Köln v. 13.9.2018 – 15 K 1347/16
Unter Diätverpflegung ist im Anschluss an den üblichen Sprachgebrauch jede Form einer frei erhältlichen, hochwertigen Ernährung zur Gesundheitsförderung oder -erhaltung zu verstehen. Ohne Belang ist, ob diese Nahrungsmittel aufgrund ärztlicher Verordnung eingenommen werden und ob sie lediglich zur Unterstützung einer medikamentösen Behandlung in ernährungs-therapeutischer Hinsicht oder selbst unmittelbar als Therapeutikum mit heilender Wirkung, als Medikament im medizinischen Sinne eingesetzt werden.
Der Sachverhalt:
Die Klägerin war im Streitjahr 2014 teilweise privat krankenversichert, teilweise „gesetzlich pflichtversichert“; der Kläger sowie die drei Kinder waren durchgehend privat krankenversichert. Bei einer Tochter war sehr früh Zöliakie diagnostiziert worden. Aufgrund der Erkrankung benötigt das Kind lebenslang dauerhaft und ununterbrochen eine vollständig glutenfreie Ernährung. Die Krankheitskosten wurden von den Krankenkassen nicht vollständig übernommen.
Im Streitjahr wurden von den Klägern im Rahmen der Einkommensteuererklärung selbst getragene Arztkosten und Kosten für Arzneimittel i.H.v. 2.480 € als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht. Das Finanzamt berücksichtigte antragsgemäß 2.480 € als außergewöhnliche Belastungen, brachte jedoch eine zumutbaren Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG i.H.v. 3.726 € (2 % des Gesamtbetrags der Einkünfte (GdE) von 186.322 €) in Abzug, so dass die Aufwendungen sich steuerlich nicht auswirkten.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Allerdings wurde zur Fortbildung des Rechts die Revision zugelassen. Das Verfahren ist beim BFH unter dem Az. VI R 48/18 anhängig.
Die Gründe:
Die Mehraufwendungen für die Ernährung des Kindes waren zu Recht nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt worden.
Die Kosten, die durch eine Diätverpflegung entstehen, können nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung des § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG in keinem Fall als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. Unter Diätverpflegung ist im Anschluss an den üblichen Sprachgebrauch jede Form einer frei erhältlichen, hochwertigen Ernährung zur Gesundheitsförderung oder -erhaltung zu verstehen. Ohne Belang ist im Hinblick auf die dargelegte Geschichte und Reichweite der Bestimmung des § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG, ob diese Nahrungsmittel aufgrund ärztlicher Verordnung eingenommen werden und ob sie lediglich zur Unterstützung einer medikamentösen Behandlung in ernährungs-therapeutischer Hinsicht oder selbst unmittelbar als Therapeutikum mit heilender Wirkung, als Medikament im medizinischen Sinne eingesetzt werden.
Der Senat sieht angesichts des eindeutigen Wortlauts und dem Gang des Gesetzgebungsverfahrens keinen Anlass § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG dahingehend erweiternd auszulegen, dass die von den Klägern geltend gemachten Aufwendungen anerkannt werden können. An der Regelung hat der Senat auch keine verfassungsrechtlichen Zweifel. Die Vorschrift verstößt insbesondere nicht gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, der die Benachteiligung Behinderter verbietet. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob eine Zöliakieerkrankung eine Behinderung darstellt. Denn Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG räumt nach Wortlaut, Systematik und Zweck dem Behinderten nur ein subjektives Abwehrrecht gegen Benachteiligungen, aber grundsätzlich keinen Anspruch auf bestimmte Vergünstigungen im Vergleich zu Nichtbehinderten ein.
§ 33 Abs. 2 Satz 3 EStG verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, da die Ungleichbehandlung zwischen Diätaufwendungen und unmittelbaren Krankheitskosten sachlich gerechtfertigt ist und auch nicht gegen den Grundsatz der Leistungsfähigkeit verstößt. Die unterschiedliche steuerrechtliche Behandlung von Kranken, die durch eine Diät und Kranken, die durch Arznei- und Hilfsmittel therapiert werden, ist sachlich gerechtfertigt. Nach Art. 3 Abs. 1 GG ist der Gesetzgeber gehalten, wesentlich Gleiches nicht willkürlich ungleich zu behandeln. Dabei kommt dem Gesetzgeber eine weitgehende Gestaltungsfreiheit zu. Für die Ungleichbehandlung bestehen im Streitfall sachlich einleuchtende Gründe. So sind insbesondere die häufige ungerechtfertigte Inanspruchnahme und Praktikabilitätsgesichtspunkte sachliche Gründe für die getroffene Regelung.
Quelle: Rechtsprechungsdatenbank NRW