FG Köln v. 15.2.2018 – 2 K 2612/16
Eine sog. appearance fee wird nicht für den „Zeitaufwand“ der Prominenz gezahlt, sondern entscheidend hierfür ist ihre unterhaltend-ähnliche Darbietung. Eine solche liegt jedenfalls dann vor, wenn es sich einerseits um eine Aufführung oder Vorführung vor Publikum handelt und andererseits die erbrachten Leistungen zum Grenzbereich der ausdrücklich genannten künstlerischen, sportlichen und artistischen Darbietungen gehören, sich lediglich graduell von diesen unterscheiden und Schnittstellen zu diesen aufweisen, die der Darbietung als solcher ihrerseits einen gewissen eigenschöpferischen Charakter verleihen.
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist ein in Deutschland ansässiges Unternehmen und veranstaltet regelmäßig Eventabende, zu denen u.a. prominente Persönlichkeiten eingeladen werden. Die Klägerin bittet jährlich – neben auftretenden Künstlern – auch prominente Gäste zum Besuch dieser Veranstaltungen. Ihren geladenen Gästen zahlt sie neben der Übernahme aller Reisekosten ein von ihr als „appearance fee“ bezeichnetes Entgelt, ohne dass zwischen ihr und diesen Gästen, abgesehen von deren Anwesenheitszusage, Absprachen getroffen werden. Die Höhe der „appearance fee“ differiert von Gast zu Gast zwischen einigen 100 und einigen 10.000 €. Für die bezahlten Gäste besteht keine Pflicht, für eine bestimmte Mindestzeit an der Veranstaltung teilzunehmen. Schriftliche Verträge gibt es nicht.
In den mit den Steueranmeldungen eingereichten Zusammenstellungen hat die Klägerin zu den streitigen Sachverhalten die Namen der Teilnehmer an den Veranstaltungen sowie die Höhe der Vergütung angegeben und diese mit dem Vermerk „keine Darbietung i.S.d. § 50a EStG“ versehen. Für diese Vergütungen wurden von der Klägerin keine Steuerabzugsbeträge nach § 50a Abs. 1 EStG angemeldet. Das Finanzamt hielt die „appearance fee“ allerdings für eine Vergütung, für welche die Verpflichtung zum Steuerabzug gem. § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG besteht. Es war der Ansicht, dass in einer Person, in deren Bild und Namen, deren Persönlichkeitsrechte begründet seien. Eine Überlassung dieser Rechte, z.B. zu Werbezwecken, stelle eine zeitlich befristete Überlassung von Rechten i.S.d. § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG dar. Deshalb nahm die Behörde die Klägerin für die Streitjahre 2014 und 2015 mit einem Steuersatz von 15 % in Haftung.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage teilweise statt. Allerdings ist diesbezüglich beim BFH ein Verfahren unter dem Az.: I B 40/18 anhängig.
Die Gründe:
Das Finanzamt durfte die Klägerin gem. § 50a Abs. 5 Satz 4 EStG nur zum Teil im Haftungswege in Anspruch nehmen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen – zusätzlich zu den von der Klägerin angemeldeten Beträgen – nur hinsichtlich der gezahlten „appearance fees“ vor. Insbesondere die gezahlten Reisekosten vermögen hingegen keine Haftung zu begründen.
Bezüglich der „appearance fees“ handelt es sich um Einkünfte i.S.d. § 50a Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 und 9 EStG. Einkünfte i.d.S. sind solche, die durch im Inland ausgeübte künstlerische, sportliche, artistische, unterhaltende oder ähnliche Darbietungen erzielt werden, einschließlich der Einkünfte aus anderen mit diesen Leistungen zusammenhängenden Leistungen, unabhängig davon, wem die Einkünfte zufließen. Der Katalog des § 50a Abs. 1 Nr. 1 EStG entspricht dem des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG. Dabei sieht der Senat das Tatbestandsmerkmal der unterhaltenden oder jedenfalls ähnlichen Darbietungen als erfüllt an.
Entgegen der Auffassung der Klägerin wird die „appearance fee“ nicht für den „Zeitaufwand“ der Prominenz gezahlt, sondern entscheidend hierfür war ihre unterhaltend-ähnliche Darbietung. Eine solche liegt jedenfalls dann vor, wenn es sich einerseits um eine Aufführung oder Vorführung vor Publikum handelt und andererseits die erbrachten Leistungen zum Grenzbereich der ausdrücklich genannten künstlerischen, sportlichen und artistischen Darbietungen gehören, sich lediglich graduell von diesen unterscheiden und Schnittstellen zu diesen aufweisen, die der Darbietung als solcher ihrerseits einen gewissen eigenschöpferischen Charakter verleihen (vgl. BFH-Urt. v. 17.10.2007, I R 81, 82/06 u.a.). Unerheblich ist, ob es sich bei den „appearance fees“ um Einkünfte aus der Überlassung der Nutzung von Rechten i.S.d. § 50a Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 2, 3, 6 und 9 EStG handelt. Denn die Pflicht zum Steuerabzug ergibt sich insoweit bereits aus § 50a Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 und 9 EStG.
Bezüglich der Reisekosten, hatte das Finanzamt die Klägerin hingegen zu Unrecht für unterlassene Steuerabzüge in Haftung genommen. Insoweit bestand für die Klägerin keine Verpflichtung zum Steuerabzug. Gem. § 50a Abs. 2 Satz 2 EStG gehören die vom Vergütungsschuldner ersetzten oder übernommenen Reisekosten nur insoweit zu den Einnahmen, als u.a. die Fahrt- und Übernachtungskosten nicht die tatsächlichen Reisekosten übersteigen. Für die Rechtsfolge macht es keinen Unterschied, ob der Vergütungsschuldner die Reisekosten durch Ersatz oder durch Übernahme erstattet hat. Angesichts dessen sind die tatsächlichen Reise- und Übernachtungskosten, die von der Klägerin ersetzt oder übernommen wurden, im Streitfall keine Einkünfte i.S.d. § 50a EStG der prominenten Gäste, so dass keine Steuerabzugsverpflichtung bestand und mithin eine Haftung der Klägerin ausscheidet.
Quelle: Rechtsprechungsdatenbank NRW