FG Münster 12.10.2018, 14 K 799/11 E,G
Die Teilnahme an Pokerturnieren, Internet-Pokerveranstaltungen und Cash-Games können zu einer gewerblichen Tätigkeit als Berufspokerspieler führen. Das ist etwa dann der Fall, wenn der Steuerpflichtige über eine umfangreiche Turniererfahrung sowie über erhebliche Kenntnisse und geschulte Fähigkeiten verfügt, so dass seine Gewinne nicht mehr allein vom (Anfänger-)Glück abhängen.
Der Sachverhalt:
Der Kläger begann im Jahr 2003 mit dem Pokerspiel und nahm in den Streitjahren 2004 bis 2007 an Pokerturnieren, Internet-Pokerveranstaltungen und Cash-Games teil. Bis Ende August 2005 war er nichtselbstständig tätig, nahm dann unbezahlten Urlaub und beendete sein Angestelltenverhältnis im Januar 2007. Die Pokergewinne erklärte er gegenüber dem Finanzamt nicht als Einkünfte im Rahmen der Einkommensteuererklärung. Im Rahmen einer Außenprüfung gelangte das Finanzamt demgegenüber zu der Auffassung, dass der Kläger als Berufspokerspieler sowohl gewerbliche Einkünfte als auch umsatzsteuerpflichtige Umsätze erzielt habe und erließ entsprechende Steuerbescheide, wobei er die Besteuerungsgrundlagen schätzte.
Das Klageverfahren bezüglich der Umsatzsteuerbescheide (15 K 798/11 U) hatte keinen Erfolg. Der BFH hob das Urteil des FG Münster vom 15.7.2014 jedoch mit Urteil vom 30.8.2017 (XI R 37/14) auf und führte aus, dass zwischen der Teilnahme an Pokerspielen und den im Erfolgsfall erhaltenen Preisgeldern kein unmittelbarer Zusammenhang bestehe. Dementsprechend vertrat der Kläger auch im Klageverfahren wegen Einkommen- und Gewerbesteuer die Auffassung, dass er nicht gewerblich tätig geworden sei. Vielmehr handele es sich bei Poker um ein reines Glücksspiel. Demgegenüber verwies das Finanzamt auf eine Studie des Forschungsinstituts für Glücksspiel und Wetten, wonach der Ausgang des Pokerspiels nicht nur vom Glück, sondern auch von den Fähigkeiten, Kenntnissen und dem Grad der Aufmerksamkeit des jeweiligen Spielers abhänge.
Das FG gab der Klage im Hinblick auf die Streitjahre 2004 bis 2006 statt. Im Übrigen wies es die Klage ab. Die Revision zum BFH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Die Gründe:
Das Finanzamt ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Kläger bereits in den Streitjahren 2004 bis 2006 aus einer Tätigkeit als „Berufspokerspieler“ steuerpflichtige Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt hat. Denn im Hinblick auf den unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Klägers, dass er erst Ende 2003 seine „erste Hand“ gespielt hat, ist dessen Spielertätigkeit in diesen Jahren (noch) nicht als gewerbliche Tätigkeit, sondern als bloße Teilnahme an Glückspielveranstaltungen zu qualifizieren.
Der Kläger kann in den ersten Jahren nach Aufnahme des Pokerspiels noch nicht als geübter Pokerspieler angesehen werden. Auch die vom Finanzamt angeführte Studie weist ausdrücklich darauf hin, dass ein Anfänger auf gute Karten und glückliche Spielverläufe angewiesen ist, wenn er dauerhaft gewinnen will. Die Gewinne des Klägers in diesen Jahren sind damit eher auf „Anfängerglück“ zurückzuführen. Überdies hat sich der Kläger in der Vereinbarung mit seiner Arbeitgeberin die Möglichkeit gesichert, seine zunächst durch die Beurlaubung unterbrochene nichtselbstständige Tätigkeit wieder aufnehmen zu können.
Ab dem Streitjahr 2007 war der Kläger hingegen als „Berufspokerspieler“ gewerblich tätig. Ab diesem Jahr ist er seiner Spielertätigkeit intensiv und erfolgreich nachgegangen und hat später sogar eine Wohnung in der Nähe eines Spielcasinos angemietet. Zwischenzeitlich verfügte der Kläger über eine umfangreiche Turniererfahrung sowie über erhebliche Kenntnisse und geschulte Fähigkeiten, so dass seine Gewinne nicht mehr allein vom Glück abhingen. Mangels ordnungsgemäßer Buchführung waren die Einkünfte für das Jahr 2007 (mindestens) in Höhe der vom Finanzamt angesetzten Beträge zu schätzen.
Quelle: FG Münster NL vom 15.11.2018