FG Köln v. 14.2.2019 – 15 K 2800/17
Ausgleichszahlungen, die im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung geleistet werden, führen nicht zu vorweggenommenen Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften gem. § 22 EStG.
Der Sachverhalt:
Die Beteiligten streiten im Rahmen der Festsetzung der Einkommensteuer 2016 über die Frage, ob eine Ausgleichszahlung des Klägers an seine Ehefrau im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung, zur Abgeltung eines Anspruchs auf Versorgungsausgleich, als vorweggenommene Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften gem. § 22 EStG abgezogen werden kann. Der einzeln zur Einkommensteuer veranlagte Kläger war im Streitjahr 2016 nichtselbständig als Steuerberater tätig. Er ist 1974 geboren, leistete und leistet anstatt von Zahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung Zahlungen an das Versorgungswerk der Steuerberater Nordrhein-Westfalen und wird nach derzeitigem Rechtsstand mit 67 Jahren im Jahre 2041 die Regelaltersgrenze erreichen und Renteneinkünfte erzielen.
Im Jahr 2015 (d.h. im Vorjahr zum Streitjahr) trennten sich der Kläger und seine Ehefrau. Die Ehe war im Streitjahr noch nicht geschieden. Mit notarieller Scheidungsfolgevereinbarung vor dem Notar vereinbarten der Kläger und seine Ehefrau u.a., dass die Ehefrau (laut Vertrag beamtenrechtliche Versorgungsansprüche) gegen den Kläger (laut Vertrag Versorgungsansprüche gegenüber dem Versorgungswerk der Steuerberater) einen Anspruch auf hälftigen Ausgleich des Versorgungswerk-Pensionsanspruches i.H.v. rd. 78.000€ hat. Der Anspruch wurde beim ansonsten im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung zugunsten des Klägers gegen seine Ehefrau bestehenden Anspruches zum Abzug gebracht, wodurch sich der Anspruch des Klägers gegen seine Ehefrau auf ca. 115.000 € verminderte.
In seiner Einkommensteuererklärung 2016 machte der Kläger den Betrag von 78.000 € als Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften geltend. Daneben wurde im Rahmen einer (auch von der Ehefrau unterschriebenen) Anlage U ein Sonderausgabenabzug für laufende Unterhaltsleistungen an die Ehefrau i.H.v. rd. 11.000 € begehrt. Ein Sonderausgabenabzug für den abgefundenen Versorgungsausgleichsanspruch wird ausdrücklich nicht begehrt, auch liegt insoweit keine Zustimmung der Ehefrau zur korrespondierenden Besteuerung vor. Das Finanzamt veranlagte den Kläger hinsichtlich des Abzugs der Unterhaltsleistungen als Sonderausgaben und sonstiger Punkte antragsgemäß, berücksichtigte den begehrten Werbungskostenabzug jedoch nicht.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision zum BFH wurde nicht zugelassen.
Die Gründe:
Das Finanzamt hat zu Recht entschieden, dass der dem Kläger im Wege der Verrechnung mit anderen Ansprüchen abgeflossene Betrag i.H.v. 78.000 € nicht als vorweggenommene Werbungskosten steuermindernd berücksichtigt werden kann.
Es liegen bereits tatbestandlich keine (vorweggenommenen) Werbungskosten vor. Der Kläger hatte zunächst über mehrere Jahre durch Altersvorsorgeaufwendungen, welche im Übrigen gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 EStG einem der Höhe nach beschränkten Sonderausgabenabzug unterlagen, eine Versorgungsanwartschaft beim Versorgungswerk erworben. Aufgrund der Ehescheidung hat die Ehefrau einen familienrechtlichen Anspruch auf einen Versorgungsausgleich nach § 1587 BGB und dem VersAusglG, welchen der Kläger – anstelle einer Übertragung eines Teils der Anwartschaft – durch eine Einmalzahlung abgefunden hat. Dieser Vorgang ist durch die private, nicht einkunftsbezogene Sphäre des Klägers, hier die Ehescheidung, veranlasst.
Für die durch die Trennung verursachte Vermögenseinbuße des Klägers ist kein Werbungskostenabzug möglich. Dies gilt auch, wenn man die Zahlung des Klägers an seine Ehefrau als eine Aufwendung zur Erhaltung oder zum Rückerwerb des (vollen) Rentenanwartschaftsrechtes ansieht. Der Kläger hätte bei dieser Betrachtung ein Wirtschaftsgut, hier ein Anwartschaftsrecht, erworben (bzw. zurückerworben oder erhalten), für dessen Anschaffungskosten kein Werbungskostenabzug möglich ist. Das Anwartschaftsrecht ist kein abnutzbares Wirtschaftsgut, wodurch Werbungskosten in Form der Absetzung für Abnutzung (§ 7 EStG) ausscheiden.
Selbst wenn man davon ausginge, dass die Ausgleichszahlung als besonderer Altersvorsorgeaufwand begrifflich vorweggenommene Werbungskosten darstellen kann, scheidet hier ein Abzug aus. Altersvorsorgeaufwendungen (i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG) sind zwar ihrer Rechtsnatur nach in erster Linie vorweggenommene Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften i.S.d. § 22 EStG. Sie sind jedoch in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise vom Gesetzgeber den Sonderausgaben zugeordnet worden. Diese Zuordnung entfaltet als lex specialis eine Sperrwirkung gegenüber dem Werbungskostenabzug.
Für Ausgleichszahlungen zur Vermeidung eines Versorgungsausgleichs ist der Sonderausgabenabzug speziell in § 10 Abs. 1a Nr. 3 EStG ab dem Veranlagungszeitraum 2015 geregelt worden. Der Einleitungssatz („Sonderausgaben sind auch die folgenden Aufwendungen:“) führt – anders als § 10 Abs. 1 EStG – bereits keinen Vorrang eines Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzugs aus. Die Gesetzesbegründung macht im Einklang mit dem Gesetzestext deutlich, dass Ausgleichszahlungen zur Vermeidung eines Versorgungsausgleichs ab dem Veranlagungszeitraum 2015 in Abkehr von früherer Rechtsprechung nur noch unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1a Nr. 3 EStG, insbesondere einer korrespondierenden Besteuerung beim zustimmungspflichtigen Empfänger, abgezogen werden können. Soweit der Kläger sich auf frühere Rechtsprechung bezieht, welche beim beamtenrechtlichen Versorgungsausgleich in Einzelfällen einen Werbungskostenabzug zugelassen hat, ist dies durch die neue Rechtslage überholt.
Quelle: Rechtsprechungsdatenbank NRW