BFH 2.8.2018, V R 21/16
Die Teilnahme an einem Pferderennen ist nicht umsatzsteuerbar, wenn dem Eigentümer der Rennpferde lediglich ein platzierungsabhängiges Preisgeld gezahlt wird. Damit hat sich der BFH der Rechtsprechung des EuGH angeschlossen, wonach die Teilnahme an einem Wettbewerb (Pferderennen) grundsätzlich keine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung darstellt. Etwas anderes gilt lediglich, wenn für die Teilnahme ein Antrittsgeld oder eine andere unmittelbare Vergütung gezahlt wird.
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der J-GmbH. Diese wurde im Dezember 2007 gegründet. Unternehmensgegenstand ist der Kauf und Verkauf sowie die Ausbildung von Pferden und die Förderung talentierter Reiter für den Spitzensport. Die J-GmbH ist ferner berechtigt, alle Geschäfte durchzuführen, die im Interesse der Gesellschaft liegen.
Die J-GmbH hatte in den Streitjahren 2007 bis 2010 Umsätze aus Verkaufserlösen und Preisgeldern erklärt und Vorsteuern aus dem Kauf von Pferden, eines LKW nebst Anhänger sowie eines Pkw geltend gemacht. Das Finanzamt versagte den Abzug der geltend gemachten Vorsteuerbeträge. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage unter Hinweis auf das Abzugsverbot für Repräsentationsaufwendungen ab.
Auf die Revision des Klägers hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.
Gründe:
Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, die J-GmbH habe an Turnieren zur Erzielung von Preisgeldern im Rahmen eines Leistungsaustausches teilgenommen und sei insoweit unternehmerisch tätig geworden.
Die Teilnahme der J-GmbH an Turnieren zur Erzielung von Preisgeldern erfolgte nicht im Rahmen eines Leistungsaustausches. Nach ständiger EuGH-Rechtsprechung und des BFH setzt eine „Leistung gegen Entgelt“ das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen einer Leistung und einer tatsächlich vom Steuerpflichtigen empfangenen Gegenleistung voraus. Dazu muss zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis bestehen, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bildet.
Soweit das Finanzamt in diesem Zusammenhang vorgetragen hatte, es könne sich der geänderten Rechtsprechung des BFH nicht anschließen, da das BFH-Urteil vom 30.8.2017, Az.: XI R 37/14 (BFHE 259, 175) bislang nicht amtlich veröffentlicht und daher von der Finanzverwaltung über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anwendbar sei, verkannte es, dass es für den an Recht und Gesetz gebundenen BFH (Art. 20 Abs. 3 GG) nicht darauf ankommt, ob Entscheidungen im BStBl veröffentlicht wurden. Im Übrigen ist die Finanzverwaltung nach Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 2 des Vertrages über die Europäische Union gehalten, die Rechtsprechung des EuGH zu beachten und Steuerrechtsnormen im Lichte dieser Urteile (im Streitfall: EuGH-Urteil Baštová, EU:C:2016:855, HFR 2017, 82) auszulegen). Entgegen der Ansicht der Behörde widerspricht die geänderte Rechtsprechung auch nicht dem BFH-Urteil vom 22.6.1989, Az.: V R 37/84)
Die Sache ist allerdings noch nicht spruchreif. Im zweiten Rechtsgang wird das FG insbesondere zu prüfen haben, ob die von der GmbH erklärten Umsätze aus Pferderennen in voller Höhe auf (nicht steuerbare) Preisgelder entfallen oder ob darin auch steuerbare Antrittsgelder enthalten sind. Das Urteil hat zudem über den entschiedenen Fall hinaus Bedeutung für die Steuerbarkeit von ähnlichen Tätigkeiten, die mit ungewisser Entgelterwartung ausgeübt werden. Dazu gehört auch die Teilnahme an Pokerturnieren (BFH-Urteil vom 30.8.2017, Az.: XI R 37/14, BFHE 259, 175: Keine Umsatzsteuer auf Pokergewinne).
Quelle: BFH PM Nr. 65 vom 5.12.2018